Grundlagen der Raumakustik
Inhalt
3.Reflexion – Grund für lange Nachhallzeiten
4.Wichtigste Kenngröße für Hörsamkeit und Lärmreduktion:
8.Raumakustisch komplexe Räume
Freie Schallausbreitung
- (Halb-) Freifeld
- Keine Reflexionen, Direktschall
- Kein Nachhall
- Mit Abstandsverdoppelung -6dB Pegelreduktion
Schallausbreitung im Raum
-
Begrenzte Schallausbreitung
- Reflexionen überlagern den Direktschall
- Nachhall, Flatterechos usw.
- Pegelabnahme - ??? dB (je Abstandsverdoppelung)
WICHTIGE GRUNDLAGE für raumakustische Berechnungen
Schall kommt aus jeder Richtung
Schall in jede Richtung
à Freie Schallausbreitung
à Durch Reflexion an:
• Bauteilen (Wand, Boden…)
• Möbeln (Schrank, Tisch…)
• Gegenständen
Hinweis: Diffuses Schallfeld in der Praxis oft nicht gegeben!
Schall bewegt sich frei im Raum – bis er auf eine Begrenzungsfläche trifft.
Trifft er auf eine schallharte Fläche wird er auf dieser reflektiert und verbleibt im Raum. Einfallswinkel = Ausfallswinkel
Dies führt zu langen Nachhallzeiten.
Nachhallzeit T (s)
Die wichtigste und bekannteste Stellgröße der Raumakustik ist die Nachhallzeit (Reverberation Time – „T“). Sie wird in Sekunden angegeben.
„Bei der
Nachhallzeit handelt es sich um die Zeitspanne, in der der Schalldruck in einem
Raum (z.B. nach Abschalten einer Schallquelle) um 60 dB abfällt“.
(Luftballon platzen, lautes Rauschen – abschalten)
Jede Reflexion im Raum ist auschlaggebend
An jeder Begrenzungsfläche Einfallswinkel = Ausfallswinkel
An jedem Objekt/Möbel oder Einrichtungsgegenstand Streuung – Wirkung als Diffusor
Nicht jede Oberfläche „reflektiert gleich viel“
Absorption – Lösung zur Senkung der Nachhallzeit
Trifft Schall auf einen Schallabsorber, so wird dieser nicht reflektiert sondern absorbiert.
Der am häufigsten anzutreffende Absorber ist der sogenannte „poröse Absorber“.
Durch ihre „poröse“ bzw. faserige Struktur verfügen sie über eine sehr große innere Oberfläche. In Bewegung gehaltene Luftteilchen verursachen Reibung.
à Umwandlung von Schall- in Wärmeenergie.
Absorptionsgrad
α
α = 1,00; 100% der auftreffenden Schallenergie wird absorbiert
à 0% Reflexion, Schall gelangt nicht mehr in den Raum zurück
α = 0,00; 0,0% der auftreffenden Schallenergie wird absorbiert
à 100% Reflexion, Schall verbleibt im Raum
α = 0,50; 50% der auftreffenden Schallenergie wird absorbiert
à 50% Reflexion, 50% des Schalls verbleibt im Raum
Wer/ was braucht/ bekommt ein α?
Flächen, die
den Raum begrenzen, haben einen α (frequenzbezogen).
Selbst wenn der Schallabsorptionsgrad α gering ist, verfügen viele Bauteile
über eine große Fläche und haben dadurch großen Einfluss.
Die Formel nach Sabine:
Nachhallzeit T (s)
+
+
…
Aeq = Äquivalente Schallabsorptionsfläche à berücksichtigt das gesamte akustische Potential im Raum (alle Oberflächen von Begrenzungsflächen und Einrichtungsgegenständen)
V = Raumvolumen in m³
α = Schallabsorptionsgrad
A = Oberfläche
Äquivalent bedeutet „gleichwertig/ gleichbedeutend“
Alle Oberflächen und Einrichtungsgegenstände im Raum absorbieren, jedoch unterschiedlich stark.
Theoretische Annahme in der
Raumakustik:
Die
Summe der hellgrünen Oberflächen
(Grafik oben) mit vielen geringen α
ist genau so wirksam wie
die einzelne dunkelgrüne Oberfläche
(Grafik unten) mit einem einen α vom 1,0
Beispielrechnung zur äquivalenten Schallabsorptionsfläche:
Wieso soll α möglichst hoch sein?
Beispielrechnung:
• Je höher α - desto wirksamer der Absorber
- desto weniger absorbierende Fläche wird benötigt, um die Nachhallzeit im Raum zu senken
Absorber als Objekt
Äquivalente Schallabsorptionsfläche AObj. (bezogen auf ein Objekt z.B. Möbel oder Absorberelement)
Aobj. = Aeq. des gesamten Objekts
Beispiel:
à schwierig
AObj.= Σα??? x A???
à Nachweis in der Regel
durch Messung im Hallraum
Quelle: Fuchs –
Raumingenieure GmbH
- Ein Objekt hat u.U. keine definierte Fläche (α braucht Flächenbezug)
- Einbausituation hat Einfluss (Kanteneffekt/Beugung)
- Oftmals „Mehrabsorption“ (z.B. Absorption Rückseite Deckensegel)
Definition nach DIN 18041:2016
Hörsamkeit:
„Eignung eines Raumes für bestimmte Schalldarbietungen, insbesondere für angemessene sprachliche Kommunikation und musikalische Darbietung an den für die Nutzer des Raumes vorgesehenen Orten.“
Als praktisches Beispiel
Die Senkung der Nachhallzeit bewirkt eine Reduzierung des Schalldruckpegels (ugs.: „Lautstärke“) in einem Raum.
Rückblick:
Schalldruck und Schalldruckpegel
„Schall sind
mechanische Schwingungen in einem elastischen Medium.“
Die Schwingungen im elastischen Medium (Luft) entstehen durch Druckschwankungen des vorherrschenden Luftdrucks.
→ Schalldruck in Pascal (Pa): 1 Pa = 1 N/m²
→ Sonderfall Akustik: Druck wird nicht
in Pascal angegeben sondern als Pegel mit der Hilfsmaßeinheit: Dezibel (dB)
→ Schalldruckpegel 0 dB (Hörschwelle) entsprechen 0,00002 Pa (Schalldruck), 180 dB entsprechen 20.000 Pa
Als praktisches Beispiel
Raumakustik setzt den Fokus auf die Pegel < 80 dB(A)
Beispiel: Die Halbierung der Nachhallzeit senkt den Pegel um – 3 dB
dB ist eine logarithmische Größe – die Auswirkung wird immer stärker „spürbar“
Zum Verständnis:
Pegeländerung von 3 dB = für den Menschen wahrnehmbar
Pegeländerung von 5 dB = deutlich wahrnehmbar
Pegeländerung von 10 dB = Subjektiv „Halbierung bzw. Verdopplung der Lautstärke“
Raumakustik = Nachhallzeit??
Die Nachhallzeit ist eine sehr wichtige Kenngröße, jedoch:
à Nachhallzeit nicht „pauschal und als einzige Kenngröße“ geeignet
à Fokus bei der Planung ist entscheidend:
a)
Hörsamkeit
und Lärmreduktion in Räumen
versus
b) Kognitive Leistungsfähigkeit
à Wichtig! Immer differenzieren
Hörsamkeit und Lärmreduktion in Räumen
geregelt in: DIN 18041:2016; VDI2569:2019; ASR A3.7
à Eignung eines Raumes für eine bestimmte Schalldarbietung
à Ziel = Ruhige Räume (Lärmreduktion)
à Hohe Sprachverständlichkeit
Kenngrößen:
à Nachhallzeit T (s)
Für Hörsamkeit zusätzlich interessant:
à Gesamt Störgeräuschpegel LNA,Bau dB(A) bzw. informationsloser Grundgeräuschpegel (ohne Sprachanteile)
Für welche
Zwecke ist „T“ die richtige Kenngröße?
Beispiele:
- Räume mit Aufenthaltsqualität
- Räume mit Anforderungen an Lärmminderung und Komfort
- Räume die zum Verweilen einladen
- Einzel- und Gruppenbüros
- Besprechungs- Tagungs- , Seminar- und Unterrichtsräume
- Restaurants, Bars, Cafés
- Schulen, Kindergärten, Seniorenresidenzen,
- Praxen und Wartezimmer
- Verkehrsflächen (Flure, Eingangshallen)
Kognitive Leistungsfähigkeit
geregelt in: VDI2569:2019; DIN EN ISO 3382-3:2022
à Ziel = Leistungsfähigkeit von Personen im Raum gewährleisten
à Störpotential senken (Vertraulichkeit schaffen) z.B. Großraumbüros
Geeignete Kenngrößen (reiner Ausblick, komplexer Sachverhalt)
à Pegel am Arbeitsplatz, Pegeldifferenzen, Pegelabnahmen, Abklingraten
(Lp,A,S,4m in dB(A); ΔLp in dB; rD in m; rP in m; D2,S in dB)
à Sprachverständlichkeit
(STI und/oder STIPA)
à Ebenso die Kenngrößen für die Hörsamkeit (T und LNA,Bau bzw. Lp,A,B)
Für diese Raumsituationen ist die Nachhallzeit allein nicht ausreichend:
- Großraumbüros
- Open- oder Multispace
- Offene Arbeitswelten
- Theater und Konzertsäle
- …
à Hier ist eine detaillierte Planung
eines Akustikers zielführend